Die Fenster des zukünftigen Gildehauses in der Kölner Straße 3 in Attendorn
Denkmal des Monats
Dezember 2022
Einblick in die Bauforschung
Kaum ein Bauteil hat so viele Aufgaben zu erfüllen wie das Fenster. Es sorgt für die Behaglichkeit im Raum durch Belichtung und Belüftung. In gestaltender Komposition prägen Fenster, auch als „Augen der Häuser“ bekannt, die architektonische Wirkung einer jeden Fassade. Der denkmalgerechte Umgang mit historischen Fenstern birgt verschiedene Herausforderungen. Diesen stellte sich der Trägerverein Gildehaus e.V. bei der Sanierung des Spiekerhauses in Attendorn. Das überzeugende Ergebnis würdigt die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen als Denkmal des Monats.
Fassade nach Austausch der Fenster, Foto: Claus Ortmann
Zeugniswert und Baugeschichte
Städtebaulich prägnant steht das Gebäude als Hinterhaus im Karree südwestlich der denkmalgeschützten Kirche St. Johannes Baptist im historischen Ortskern. Die Nord- und Südfassade des dreigeschossigen Bruchsteingebäudes auf kleinem, fast quadratischem Grundriss sind durch zwei Fensterachsen gegliedert. Der Westgiebel ist fensterlos. Im als Fachwerk ausgeführten Ostgiebel befindet sich je Geschoss ein Fenster, im Dachgeschoss sind drei Fenster positioniert. Das Gebäude wurde 1881 zunächst zweigeschossig errichtet und später um ein Geschoss ergänzt. Im West- und Ostgiebel dokumentieren Spuren von ehemaligen Fensteröffnungen die Bauphasen.
Zustand der Fenster vor der Sanierung, Fotos: Claus Ortmann
Der Weg zum zukünftigen Gildehaus
Nach langjährigem Leerstand wurde 2012 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Daraufhin gründete sich 2019 der Trägerverein Gildehaus e.V. als ehrenamtliche Projektgemeinschaft und erwarb das Haus. In Eigenregie wurde das museale Nutzungskonzept als Zeughaus für die lokalen Zünfte und Bruderschaften erstellt. Zukünftig soll hier lokales Wissen durch Museumspädagogik vermittelt sowie bislang privat gelagertes Inventar der Vereine ausgestellt werden. Das darauf aufbauende Sanierungskonzept beinhaltet unter anderem die energetische Ertüchtigung der Fenster. Von insgesamt zwölf Fenstern sind zwei bauzeitlich, die Übrigen wurden in den 1920er- und 1930er-Jahren erneuert. Im fachlich konstruktiven Austausch zwischen dem Trägerverein und den Denkmalbehörden wurden denkmalgerechte Methoden zur Fenstersanierung diskutiert. Einige Fenster waren irreparabel und mussten erneuert werden, andere wurden instandgesetzt und energetisch ertüchtigt.
Energetische Ertüchtigung
Die energetische Ertüchtigung erfolgte als Erweiterung zum Kastenfenster oder durch das Anbringen von Vorsatzscheiben auf die Flügelrahmen. Vorteil beider Methoden ist der geringe Eingriff in die Substanz sowie ins Erscheinungsbild. Gleichzeitig bewirken die Maßnahmen einen ähnlichen Dämmeffekt wie beim geläufigen Verbundfenster. Die neuen Fenster sind materialgerecht in Holz und in ihrer Gestalt bestandsgleich ausgeführt. Um Brandschutzvorgaben zu erfüllen, wurden Fensteröffnungen im Ostgiebel geschlossen. Eines dieser Fenster wurde in eine Ursprungsöffnung in der Fachwerkfassade versetzt. Dank des Engagements und der Bereitschaft des ehrenamtlichen Trägervereins wurden die Maßnahmen überwiegend in Eigenleistung und hoher handwerklicher Qualität ausgeführt. Mit dem Erhalt der Substanz und des Erscheinungsbildes der historischen Fenster haben die Eigentümer ein bedeutendes Zeugnis der Baugeschichte bewahrt.
Rechts: Farbauftrag mit pigmentiertem Leinöl, Foto: Claus Ortmann
Oben: Fassade nach Austausch der Fenster, Foto: Claus Ortmann