Parkanlage von Haus Berge
Denkmal des Monats
November 2023
Ankerpunkt städtebaulicher Neukonzeption Gelsenkirchens
In den 1920er-Jahren wurde die Parkanlage von Haus Berge zu einem Ankerpunkt städtebaulicher Neukonzeption Gelsenkirchens. Von der Stadt erworben, wurde der seit dem 13. Jahrhundert zu fassende Adelssitz durch den Gartendirektor Ernst Max Gey neu entwickelt und zum Volkspark erweitert. Derart wurde die Anlage ein Bindeglied im neu entstehenden Buerschen Grüngürtel, mit dem Gelsenkirchen städtebaulich auf die Herausforderungen der Industrialisierung reagierte.
Rund 100 Jahre später untersucht die Gartendenkmalpflege des LWL die Parkanlage von Haus Berge neu. Im Fokus steht die Überarbeitung des Schlossparks während der 1920er-, 50er- und 60er-Jahre. Diese Neukontextualisierung des Gartendenkmals in Fragen grüner Infrastruktur und Urbanisierung machen den Park zum Denkmal des Monats November.
Das gartenkulturellen Erbe als Teil von Grüner Infrastruktur
„Mit der Vollendung dieser großgedachten Anlage tritt Buer auch in städtebaulicher Hinsicht in die vorderste Reihe der Ruhrgroßstädte.“ Zu diesem Urteil veranlasste den Heimatforscher Heinrich Wiebringhaus 1926 Geys Neuplanung der Berger Anlagen. Gey hatte die vorgefundenen Gärten südlich vom Schloss „im Stil ihres Zeitalters neu aufgezogen“.
Innerhalb der Gräfte reaktivierte er ein im 17. Jahrhundert angelegtes gleichmäßiges Rasenparterre. Darin inszenierte Gey die um 1700 datierten Sandsteinplastiken inmitten dunkellaubiger Rhododendren neu.
Locker in die umgebenden Buchenhecken eingestellte Magnolien und Trompetenbäume zeugen vom neuen Charakter. Indem Gey an den Rändern mit der Symmetrie brach, betonte er sie im Parterre.
Der neukonzipierte Volkspark
Ferner wurde eine Kräuter- und Obstgarten neu angelegt, zugunsten einer Volkswiese die innere Gräfte verfüllt und das Aschenbrockwäldchen über symmetrische Wegführungen erschlossen. Die im Südosten um 1800 aus Wiesenflächen, Baumgruppen, Solitärgehölzen sowie bewegter Wegführung komponierten Landschaftsbilder entwickelte Gey, an den Grenzen des Schlossparks im neukonzipierten Volkspark weiter. Indem er keine Rücksicht auf ihre „biologische Zusammengehörigkeit“ nahm, legte Gey über die Gehölze wechselnde Raumeindrücke an, die nach seiner Aussage farbenfrohe und formenreiche Landschaftsbilder für jede Jahreszeit boten. So begleiteten verschiedenartige Baumgruppen den Weg um den Stausee, verstellten oder rahmten Ausblicke über die weite Wasserfläche, verdichteten sich zu geschlossenen dunklen Waldzonen, um sich dann zu imposanten und gleichmäßig gefassten Rasenflächen, bzw. dem Dahlien- und Kräutergarten oder der Anlage um das Ehrenmal usw. zu öffnen. Kernstück der Verschränkung von Adelssitz und Volkspark bildete die Verlängerung der Schlosszufahrt mit halbrunden Terrassenabschluss im Wasser. Über sie traten die ehemalige Wasserburg und der neu angestaute See in Dialog.
Es entstanden weitläufige Grünanlagen mit Villen, Schul- und Schrebergärten, Gewächshäusern, Gartenteichen und Sportanlagen. Neue Rasenbahnen und durch Pflanzen gebildete Achsen verbanden die Berger Anlage mit der städtischen Baumschule, den neu konzipierten „Grabgärten“ des Hauptfriedhofs und dem angelegten Stadtwald zu einem heute noch zu erlebenden Grüngürtel.
Autor
Dr. Christopher Kreutchen
Ehemaliger Mitarbeiter Inventarisierung