Doppelhaus im Herzen von Halle
Denkmal des Monats
August 2022
Städtebaulich bedeutend
Das städtebaulich bedeutende Gebäude, welches auch durch seine Ecklage an der Gasse zwischen Kirchplatz und Bahnhofstraße ins Auge fällt, stand seit Jahren leer. Der Haller Kaufmann Joachim Kummrow kaufte das originelle „Doppelhaus“ schließlich. Mit viel Geduld lernte er das Haus erst einmal kennen, um dann das passende Nutzungskonzept zu entwickeln. Drei kleine Wohnungen und ein Ladenlokal wurden in Anpassung an den baulichen Bestand geplant bzw. wieder in Nutzung genommen. Besonders hervorzuheben ist die während der gesamten Bauphase vom Bauherrn gepflegte enge Abstimmung mit den Denkmalbehörden. So gerieten selbst Details zu größter Qualität.
Das sanierte Haus an der Bahnhofstraße 7, 2022, Foto: J. Kummrow/Halle.
Baugeschichte und Denkmalumfang
Der leicht erhöht liegende Kirchplatz von Halle mit seiner geschlossenen Kirchringbebauung aus Fachwerkhäusern gehört zu den Highlights in Ost-Westfalen. Hier befindet sich direkt gegenüber dem Hauptportal der gotischen St. Johanniskirche das zweigeschossige, traufständige Fachwerkgebäude aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Dieses Haus wurde in den Jahren 1885/86 durch ein massiv gebautes giebelständiges Wohn- und Geschäftshaus an der Rückseite erweitert.
Zustand vor den Maßnahmen
Teile der Fachwerkfassaden am Kirchplatz waren massiv ersetzt worden und das Fachwerk war zum Teil nur noch aufgemalt. Sämtliche Holzsprossenfenster waren durch ungeteilte Kunststofffenster in den 1970er-Jahren vor der Unterschutzstellung ersetzt worden.
Auch der westliche hell verputzte Anbau mit seinen stuckierten Fenstereinfassungen, Gesimsen und Eckquaderungen, die mit ihrem ockerfarbenen Anstrich den heimischen Teutoburger Sandstein imitieren, war verfremdend verändert worden. Wo 1886 ein Laden für Spielzeug und Nähbedarf eingerichtet wurde, folgten verschiedene Phasen der Veränderung: 1950 wurde das Ladenlokal erweitert und 1977 folgte – gegen den Rat des Denkmalamtes – der entstellende Einbau von bodentiefen ungeteilten Glasscheiben.
Denkmalgerechte Reparatur und Instandsetzung
Nach einer detaillierten Planungsphase erfolgten die Instandsetzungsarbeiten. So wurde das Fachwerk des älteren Baus wieder repariert und ergänzt. Die Fassade des Anbaus wurde in Anlehnung an frühere Zustände saniert, indem das Haus wieder eine umlaufende gemauerte Sockelzone und geteilte Holzrahmenschaufenster mit Oberlicht erhalten hat. Der Ladeneingang wurde wieder an die Gasse zurückversetzt.
Das sanierte Fachwerkhaus am Kirchplatz, 2022, Foto: J. Kummrow/Halle.
Die Dächer
Damit die prägende Dachfläche am Kirchplatz von Einbauten freibleiben konnte, entschied sich der Bauherr dafür, auf einen Dachgeschoßausbau im Fachwerkhaus zu verzichten. Während der Eichen-Dachstuhl dieser ca. 250 Jahre alten Haushälfte gut erhalten war, musste der ca. 150 Jahre alte Fichtendachstuhl des jüngeren Baus ersetzt werden. Die großen Löcher, die sich zuletzt in der Dachfläche befanden, hatten dazu geführt, dass die Sparren verfault und nicht mehr tragfähig waren. Die beiden Dächer wurden neu eingedeckt und erhielten anstelle von Ortgangziegeln aus Eternit wieder Holzwindfedern an den Ortgängen.
Drei Wohnungen mit besonderem Flair
Im Dachgeschoß des „Neubaus“ entstand eine Wohnung mit interessanten Durchblicken auf die umgebende historische Bebauung der Haller Innenstadt. Im Geschoß darunter wurde die bauzeitliche Wohnung lediglich renoviert. Eine dritte Wohnung wurde im Obergeschoß des Fachwerkhauses eingerichtet. Schräge Holzböden und niedrige Deckenhöhen wurden hier von den Bauherren akzeptiert. Damit gibt diese Wohnung in besonderer Weise ein Zeugnis historischer Wohnformen.
Alle drei Wohnungen sind über den Eingang am Kirchplatz zu erreichen. Im Innern wurde die steile Treppe von 1886 mit ihren hübschen gedrechselten Stäben instandgesetzt und führt zu den verschiedenen Wohneinheiten.
Wirtschaftlichkeit dank Denkmalschutz
Der Eigentümer Joachim Kummrow, selbst Redakteur und Marketingfachmann, hat die Nutzungsgeschichte des Hauses gründlich erforscht und eine mit historischen Plänen und Fotos illustrierte Broschüre zu seinem Haus herausgegeben. In dieser dankt er allen Beteiligten und weist auf die aus seiner Sicht segensreiche Möglichkeit der erhöhten steuerlichen Abschreibung als indirekter Förderung hin: „Ohne den Denkmalschutz für das ganze Gebäude wäre ein Erhalt kaum mehr wirtschaftlich darstellbar gewesen.“