Ein Denkmalpflegeplan für Kamen
Denkmal des Monats
Oktober 2022
Vorreiterrolle in Westfalen
Im März 2021 beschloss die Stadt Kamen, einen Denkmalpflegeplan für das gesamte Stadtgebiet erarbeiten zu lassen. Mit dieser informellen – das bedeutet rechtlich nicht bindenden – Fachplanung soll eine systematische Grundlage dafür geschaffen werden, Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie siedlungsgeschichtliche Aspekte stärker in die Stadtentwicklung zu integrieren. Mit diesem Entschluss nimmt die Stadt eine Vorreiterrolle in Westfalen ein. Die Aufgabe, einen Denkmalpflegeplan zu erstellen und fortzuschreiben, steht seit 1980 als Sollbestimmung im Denkmalschutzgesetz. Nur eine überschaubare Anzahl der 231 westfälischen Kommunen führt sie bis heute aus. Über einen Denkmalpflegeplan für das gesamte Stadtgebiet verfügt in Westfalen bisher nur Gütersloh.
Im Rahmen der Bestandserfassung zum Denkmalpflegeplan wurde diese Karte zur Siedlungsentwicklung für den gesamtstädtischen Maßstab durch das Planungsbüro STADTGUUT erarbeitet. Karte: STADTGUUT 2022
Erste Bestandsaufnahme
Dass die Stadt Kamen sich schon Mitte der 1980er-Jahre mit dem Thema auseinandergesetzt hat, belegt ein Zeitungsausschnitt der Westfälischen Rundschau vom 4. November 1985 im Archiv der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen. „Erfassung würdiger Gebäude wird etwas dauern: Denkmalpflegeplan zurückgestellt“ lautet der Titel. 1985, so kann man es dem Artikel entnehmen, fehlten Musterpläne, Vorbilder sowie Infos über „Umfang, Kosten und Auswirkungen der erforderlichen Arbeiten“, weswegen das Votum gegen die Erarbeitung ausfiel. 37 Jahre später stellt sich die Situation immer noch ähnlich dar, umso wichtiger ist es, Vorbilder nach aktuellen fachlichen Standards zu schaffen.
Schon frühzeitig nahm die Stadt Kamen Kontakt zur Städtebaulichen Denkmalpflege beim LWL auf, um die fachlichen Erfordernisse und Leistungsbausteine eines solchen Plans abzustimmen. Die Stadt beauftragte zunächst eine umfassende Bestandsaufnahme und Analyse des Stadtgebiets unter siedlungsgeschichtlichen Gesichtspunkten.
Aus dieser Bestandsaufnahme soll in einem weiteren, noch auszuschreibenden Schritt ein Planungs- und Handlungskonzept zum Schutz, zur Pflege und Nutzung der Denkmäler im Stadtgebiet abgeleitet werden. Dieser zweite Baustein des Denkmalpflegeplans wird durch eine Projektförderung des Landes NRW unterstützt.
Die Gesamtstadt im Blick – Denkmäler als Zeugnisse der Siedlungsentwicklung
Der sogenannte „Schiefe Turm“ der evangelischen Pauluskirche ist das Wahrzeichen der Stadt und die prägendste Landmarke der Kamener Stadtsilhouette. Der wuchtige Westturm der Pauluskirche aus dem 12. Jahrhundert mit seinem geneigten Spitzhelm und sein nur 112 m Luftlinie entferntes Pendant, der neugotische Turm der katholischen Pfarrkirche Zur Heiligen Familie aus dem frühen 20. Jahrhundert, stehen im ruhigen geistlichen Zentrum der Stadt. Dort befand sich auch die erste Burg der Grafen von Mark. Die Standorte der dazugehörigen Burgmannenhöfe lassen sich heute noch teilweise im Grundriss des Ortskerns ablesen.
Blick auf die ortsbildprägenden Kirchtürme der evangelischen Pauluskirche (rechts) und der katholischen Pfarrkirche zur Heiligen Familie (links), gesehen von der Brücke an der Bahnhofsstraße über die renaturierte Seseke. Auch historisch wurde die Stadt über diese Zuwegung und das sich anschließende, nicht erhaltene Mühlentor erreicht. Foto: LWL/Selitz
Weitere Beispiele
Der Bau der katholischen Pfarrkirche wurde erst durch den Zuzug katholischer Bergleute im Rahmen der Erstarkung des Bergbaus in der Region notwendig. So zeugen das Bahnhofsgebäude und die Fünf-Bogen-Brücke über die Seseke von der Einrichtung der Köln-Mindener-Eisenbahn, die als wichtige Verkehrsader im Ruhrgebiet die Industrialisierung vorantrieb. Die Zechen Monopol, Königsborn und Kurl hatten einen maßgeblichen Einfluss auf die Siedlungsentwicklung der Stadt. Im Stadtteil Methler steht die Gebäudereihe Germaniastraße 48 bis 63 als Teil der ältesten Arbeitersiedlung im Kamener Stadtgebiet unter Schutz.
Aber auch die Margaretenkirche in Methler, das frühbarocke Wasserschloss in Heeren-Werve oder die Schmiede in Rottum bezeugen beispielhaft die räumlichen, strukturellen und historischen Entwicklungen der unterschiedlichen Ortsteile Kamens.
Projektfortschritt
Im Denkmalpflegeplan werden Siedlungs- und Stadtgeschichte wie auch ihre noch greifbaren Zeugnisse im Kontext dargestellt. Für das Zentrum Kamens wurden bereits Erhebungen durchgeführt. Für die umliegenden Stadtteile stehen diese noch aus. Zeitnah, voraussichtlich im November, plant die Stadt eine Veranstaltung, bei der erste Erkenntnisse der Bestandsuntersuchung der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen.