Ein Wohnhaus in der Mendener Gerberstraße
Gesamtinstandsetzung und Erhalt einer seltenen Fassadenverkleidung
Denkmal des Monats Januar 2021
Gerettet in letzter Minute – so könnte die Überschrift für die Gesamtinstandsetzung des Fachwerkhauses in der Mendener Altstadt lauten. Nach jahrelangem Leerstand wurde 2012 der Abbruch des Gebäudes beantragt. In der Folge konnte jedoch nachgewiesen werden, dass ein Erhalt, trotz lange unerkannt gebliebener Schäden an der Fachwerkkonstruktion, möglich ist. Durch den Verkauf wurden der Bestand des Baudenkmals und seine Rettung sichergestellt. Nach zwei Jahren Bauzeit zog die neue Eigentümerin mit ihrer Mutter zum Weihnachtsfest 2019 in das denkmalgerecht instandgesetzte Fachwerkgebäude ein. Diese gelungene Maßnahme würdigt die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur mit der Auszeichnung als Denkmal des Monats.
Handwerkerhaus mit aufwändiger Innenausstattung
Die Entstehung des Fachwerkhauses wird auf die Zeit um 1800 geschätzt. Ursprünglich hatten die Bürgerhäuser in der Gerberstraße neben Wohnräumen eine über zwei Geschosse reichende Diele und einen kleinen Stall. Damit vereinten sie Wohnen und Wirtschaften unter einem Dach. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Wirtschaftsdiele im Haus Gerberstraße 6 aufgegeben, die Küche wurde in einem separaten Raum untergebracht und das Erdgeschoss dem Zeitgeschmack entsprechend „modernisiert“. Dazu gehörte die Abtrennung eines Flures in der Hausmitte, der eine repräsentative Ausstattung mit hölzernen Verkleidungen der Wände auf Brüstungshöhe bekam. Über dem Flur wurde eine zusätzliche Decke eingezogen und ebenso aufwändig verkleidet. Auch die Treppe in das Obergeschoss mit dem reich profilierten Antrittspfosten wurde neu eingebaut. Vermutlich hatte ein Tischlermeister um 1900 die Gestaltung des Flures und der Fensterbekleidungen seines Hauses selbst übernommen. Gerade diese Umbaumaßnahmen dokumentieren die Hausgeschichte und damit die nutzungsbedingten Veränderungen über die Jahrhunderte. Die Bauphase des ausgehenden 19. Jahrhunderts wird damit zu einer wesentlichen, denkmalkonstituierenden Zeitschicht.
Eine "Natursteinfassade" aus Zinkblechen
Eine Besonderheit dieser Modernisierung bildet die erhaltene Verkleidung der Giebelfassade mit Zinkblechen als Imitation einer Natursteinfassade. Dazu wurden 260 Bleche auf Modeln mit aufwändigen Profilen in Form von Steinquadern geprägt und an den Kanten gefalzt, so dass sie ineinander gehakt und auf eine Verschalung aus Holz auf die Fassade genagelt werden konnten. Verkleidungen mit Blechen oder anderen Materialien wie z.B. Holz, Backstein, Putz oder Stuck auf Schauseiten von Wohnhäusern waren im 19. Jahrhundert sehr beliebt, um die offenbar als arm oder wenigstens unmodern empfundenen Fachwerkfassaden zu verschönern oder repräsentativer erscheinen zu lassen. Die aufwändige Form am Haus in der Gerberstraße bildet eine große Seltenheit.
Instandsetzung durch Spezialfirmen
Der Bereitschaft der Eigentümerin ist es zu verdanken, dass die aufwändige Instandsetzung des gesamten Wohnhauses und der Blechverkleidung realisiert werden konnte. Besonders kostenintensiv war die Fachwerkrestaurierung aufgrund der umfangreichen Schäden. Die Ausführung erfolgte durch einen Handwerksbetrieb aus Soest, der neben den Zimmererarbeiten auch den Lehmbau sowie die Restaurierung von einzelnen historischen Fenstern, Türen und den Verkleidungen im Flur ausführte.
Die Restaurierung der Zinkblechfassade erfolgte durch spezialisierte Metallrestauratoren aus Duisburg. Dazu wurden die verbeulten und teilweise gerissenen Paneele vorsichtig abgenommen, um dann in der Werkstatt weiter bearbeitet zu werden. Nach dem Richten und Löten von Rissen erfolgte die Neubeschichtung nach dem ursprünglichen Farbbefund. Einige Paneele mussten nachgefertigt werden. Eine besondere Herausforderung bildete die passgenaue Montage der Blechpaneele und der restaurierten Fensterbekleidungen nach den fertiggestellten Zimmererarbeiten an der Fachwerkfassade.