LWL | Minden-Koblenzer Chausse – Preußische Meilensteine (Juni 2024) - LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen

Karte der Provinz Westfalen 1815–1844. Gelb markiert der Verlauf der Minden-Koblenzer Chaussee von Minden bis Freudenberg

Preußische Meilensteine an der Minden-Koblenzer Chaussee

Denkmal des Monats
Juni 2024

Vorindustrielle Verkehrszeichen

Preußische Meilensteine markierten als robuste historische Verkehrszeichen – lange vor den heutigen Verkehrsschildern – einstige Fernstraßen, die von Preußen nach der Übernahme der Provinzen Rheinland und Westfalen im frühen 19. Jahrhundert ausgebaut wurden. Solchen Orientierungshilfen kam auf den seinerzeit wenig gepflegten Verkehrswegen große Bedeutung für Militär, Post und sonstigen Warenverkehr zu.

Vollmeilenstein aus Obelisk und Podest mit Sitzbänken, Gemeindegebiet Wenden, südwestlich von Ottfingen, Kreuzung L 512 und Straße nach Römershagen

Wesentliche Funktionen der Meilensteine bestanden darin, den Wegeverlauf kenntlich zu machen und die Entfernung von Endzielen und Zwischenzielen durch Inschriften anzugeben. Eine preußische Meile maß 7,53 Kilometer. Durch die Abstandsangabe unterschieden sich die Meilensteine inhaltlich von den Wegestundensteinen, die Entfernungen in üblichen Reisezeiten angaben. Beide Entfernungsanzeiger verloren mit der Einführung des metrischen Systems, modernerer Beschilderung und schnelleren Verkehrsmitteln ihre verkehrstechnische Funktion. Entlang der Minden-Koblenzer Chaussee kamen mindestens drei Arten von Meilensteinen zum Einsatz. Der größte war der Vollmeilenstein in Form eines hohen Obelisken. Inschriften auf seiner zur Straße gewandten Seite und an den Flanken wiesen auf die Endpunkte Minden und Koblenz sowie auf die nächsten Wegpunkte hin. Dabei handelte es sich insbesondere um Städte entlang der Route. Die Steinflächen konnten weiß getüncht sein, um die Schriftzeichen zu kontrastieren. Zwischen den Vollmeilensteinen markierten glockenförmige Halbmeilensteine und kleinere Viertelmeilensteine den Weg und die Distanzen.

Rastplatz und Hoheitssymbol

Anders als die kleineren Exemplare waren die Vollmeilensteine mit Podesten als Sitzplätze gestaltet, damit Reisende auf den damals beschwerlichen Strecken nicht auf dem Boden ausruhen mussten. Waren wohl einst die Vollmeilensteine regelmäßig mit preußischem Adler geschmückt, um die Territorialhoheit deutlich zu machen, sind heute viele dieser Adler verloren gegangen oder entwendet worden.

Preußischer Adler am Vollmeilenstein gleichen Typs auf dem Stadtgebiet von Freudenberg, derzeit auf dem Gelände des städtischen Bauhofs gelagert.

Historische Fernstraßen

An ihren Standorten erinnern die erhaltenen Meilensteine an das historische Netz preußischer Chausseen. Aus solchen Chausseen gingen einige der heutigen Bundes-, Landes- und Hauptausfallstraßen aus Ortschaften hervor. So folgt beispielsweise die Bundesstraße 55 streckenweise dem historischen Verlauf der Minden-Koblenzer Chaussee. Deckungsgleich sind die historischen und die heutigen Straßenverläufe jedoch selten. Denn wo einst Fußgänger und Fuhrwerke sich durch Täler und auf Anhöhen mühten, fahren heute Autos, Lastwagen und Motorräder mit höherer Geschwindigkeit und weiteren Kurvenradien. Für diese Verkehrsmittel und für höheres Tempo konnten andere Routen besser geeignet sein.

Entfernungsangabe auf dem Vollmeilenstein: noch 27 Meilen bis Minden

Nutzen für die Gegenwart

Obwohl sie für den heutigen Verkehr nicht benötigt werden, veranschaulichen die Meilensteine, die bis heute an ihren historischen Standorten erhalten geblieben sind, noch immer historische Routen, ihre Kennzeichnung mitsamt Distanzangaben und die dafür angewandten Steinmetztechniken. An öffentlichen Standorten sind sie für alle erlebbar. Wer die Meilensteine am Straßenrand besichtigen möchte, sollte jedoch auch auf den heutigen Verkehr achten.