Orangeriegarten im Schlosspark Nordkirchen erhält seine gärtnerische Gestaltung zurück
Denkmal des Monats Mai 2018
Mit Schloss und Park verfügt die Gemeinde Nordkirchen im Kreis Coesfeld über ein bedeutendes spätbarockes Gesamtkunstwerk, das überregional seinesgleichen sucht.
Das imposante und westfalenweit größte Wasserschloss ist eingebettet in eine weitläufige Gartenanlage mit Alleen, großen Rasenflächen, Schmuckbeeten, Gewässern und waldartigen Bereichen. In ihrer über 300-jährigen Geschichte erlebte die Anlage mehrfach einen Besitzerwechsel und damit einhergehende gestalterische Veränderungen. Der ursprüngliche Charakter ist dennoch bis heute erhalten geblieben.
Im Jahr 1694 erwarb der Münsteraner Fürstbischof Friedrich Christian von Plettenberg die Besitzung aus dem Hause Morrien und ließ ab 1703 von dem bedeutenden westfälischen Baumeister Gottfried Laurenz Pictorius und seinem jüngeren Bruder Peter Pictorius eine standesgemäße Adelsresidenz im spätbarocken Stil errichten. Eine erste, in regelmäßigen Formen angelegte Gartenanlage entstand zu dieser Zeit westlich des Schlosses und ist gemäß eines überlieferten Lageplans Pictorius zuzuschreiben.
Prunkvolle Erweiterung durch Conrad Schlaun
Als Ferdinand von Plettenberg, späterer Staatsminister und einflussreicher Politiker, 1706 das Anwesen erbte, beauftragte er den jungen Architekten Johann Conrad Schlaun mit der prunkvollen Erweiterung und Vollendung der baulichen und gärtnerischen Anlagen. Dazu zählte auch die Errichtung einer Orangerie mit zugehörigem Garten, die im nordwestlichen Teil des Parks 1729–1731 entstand. Das Bauwerk diente – wie der Name verrät – der Überwinterung von nicht winterharten, exotischen Pflanzen in Kübeln und Töpfen. Der nach Süden exponierte Gartenraum vor der Orangerie war nach Schlaun in vier gleich große Quartiere gegliedert, die jeweils über Kreuz- und Diagonalwege erschlossen wurden. Sie dienten überwiegend dem Anbau von Obst, Gemüse, Kräutern und Blumen für den schlosseigenen Bedarf. Aber auch wertvolle Kübelpflanzen wie Zitrus, Oleander oder Lorbeer dürften in den Sommermonaten hier aufgestellt worden sein.
Ausschnitt aus dem Entwurf von J. C. Schlaun zur neuen, nordwestlichen Gartenpartie mit Orangerie und zugehörigem Garten von 1726/30. Quelle: LWL-Museum für Kunst und Kultur.
Denkmalgerechte Entwicklung
Ein 2013 in Auftrag gegebenes Gutachten zur denkmalgerechten Entwicklung des Westgartens regte an, auf den Flächen des im gleichen Jahr gerodeten Pappelbestandes einen zeitgenössisch ausgeführten und pflegeextensiven Orangeriegarten wiederherzustellen. Der Entwurf sah die Anlage von Wegen, Nutz- und Zierbeeten sowie einen umlaufenden Obstgarten nach dem Gestaltungsvorbild um 1910 vor.
In Zusammenarbeit mit dem Lehr- und Versuchsforstamt NRW, dem Landesbetrieb Wald und Holz, dem Eigentümer sowie der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen gelang die Erarbeitung einer Lösung, welche denkmalpflegerische und forstwirtschaftliche Belange gleichermaßen berücksichtigt. In der Folge wurde die Fläche in das Generhaltungsprogramm des Landes zur Sicherung alter Wildobstbäume aufgenommen und dementsprechend rekultiviert. Ein geometrisches Pflanzraster unter Berücksichtigung der überlieferten Raumgliederung, ehemaliger Binnenwege und der Aussparung einer breiten Mittelachse vor der Orangerie stellt die langfristige Rückgewinnung der strukturgebenden Elemente des spätbarocken Orangeriegartens in Aussicht.
Laut Objektakte befand sich das Retabel noch 1983 im guten Zustand. Allerdings muss die kurz zuvor eingebaute Zentralheizung eine Veränderung im Raumklima verursacht haben, sodass in der Folge einige Schäden in der Fassung auftraten. Gegen Mitte oder Ende der 1980er-Jahre fand eine letzte große Restaurierungskampagne statt. Heute sichtbare Spuren auf der Objektoberfläche belegen eine damals durchgeführte wässrige Oberflächenreinigung, eine Festigung der Fassung sowie flächige Überarbeitungen der schadhaften Stellen in der Altararchitektur mit Goldbronzen.
Ende 2016 wurden schließlich 170 Wildapfel- und Vogelbeerbäume gepflanzt. Besucherinnen und Besuchern präsentiert sich seither wieder ein Garten, der sich dem historischen Erscheinungsbild und der überlieferten, nutzgärtnerischen Funktion annähert und gleichzeitig den Pflege- und Erhaltungsmöglichkeiten des Eigentümers gerecht wird.