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Die Orgel von Friedrich Bernhard Meyer in der Paderborner Kirche St. Georg

Denkmal des Monats August 2018

Ausgerechnet in einer nicht denkmalgeschützten Kirche befindet sich eines der bedeutendsten westfälischen Zeugnisse der Orgelbaukunst des 19. Jahrhunderts, das in Kürze unter Denkmalschutz gestellt wird.
Während für die 1936/37 an der Neuhäuser Straße in Paderborn entstandene katholische Kirche St. Georg aufgrund durchgreifender Umgestaltungen kein Denkmalwert festgestellt werden konnte, ist die dort befindliche Orgel eine wahre Rarität. Ein Hinweis aus der Fachöffentlichkeit führte nun zu einer Überprüfung des Denkmalwertes durch die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen.
Das Instrument steht auf der den Haupteingang der Kirche überfassenden Empore, die durch ihre Dimension Raum für ein großzügiges Vestibül schafft. Die Orgel mit freistehendem Spieltisch wirkt aufgrund ihrer neugotischen Gestaltung wie ein Fremdkörper im puristischen Kirchenraum.

Technische Neuerungen im Orgelbau

Das 1887/88 für die Paderborner Busdorfkirche gefertigte Instrument ist ein Werk des Orgelbaumeisters Friedrich Bernhard Meyer (15.5.1829–9.12.1897).
Der in Versmold geborene Meyer hatte sich nach den Lehr- und Gesellenjahren zunächst in seiner Heimatstadt selbstständig gemacht und später seine Werkstatt nach Herford verlegt. In seinen ersten Berufsjahren, die ihn ins Rheinland und in das benachbarte Ausland führten, kam Meyer mit den damaligen technischen Neuerungen im Orgelbau in Kontakt, so auch mit dem durch den Ludwigsburger Orgelbauer Eberhard Friedrich Walcker entwickelten Windladentyp der mechanischen Kegellade.

Paderborn, Busdorfkirche 1974. Foto: LWL/Bathe.

Vorteile der Windlade

Die Windlade, ein hölzerner Kasten, ist das Herzstück der Orgel. Über sie wird Druckluft zu den einzelnen Orgelpfeifen geleitet. Walcker warb damit, dass die Defizite der zuvor gebräuchlichen Schleiflade durch sein patentiertes System der Vergangenheit angehören würden. Neben den technischen Vorteilen kam der durch die Konstruktion der Windlade bedingte hohe Verschmelzungsgrad der Akkordtöne der einzelnen Register dem Klangideal der Romantik sehr nahe. Gegenüber der Polyphonie des Barocks ermöglichte dies das Gestalten großer kompositorischer Linien und Klangflächen.

 

 

 

Der Spieltisch der Orgel. LWL/Steinmeier 2017.

Detail der Orgel

Seltene Orgel mit mechanischer Kegellade

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich die mechanische Kegellade allmählich gegen die Schleiflade durch, wurde aber bereits Ende des 19. Jahrhunderts durch die pneumatischen Systeme verdrängt.
Bedingt durch den technischen Fortschritt und die seit den 1920er-Jahren aufkommende geringe Wertschätzung der durch die Romantik geprägten Instrumente sind äußerst wenige Orgeln mit mechanischer Kegellade überliefert. Zu ihnen zählt die Orgel der katholischen Kirche St. Georg, die bei wenigen Veränderungen (u. a. im Bereich des Gehäuses und der Windanlage) die letzte vollständig erhaltene Orgel mit mechanischer Kegellade aus der Werkstatt Friedrich Bernhard Meyers ist.
Den ungünstigen Vorzeichen zum Trotz – immerhin leistet sie nach ihrem Ortswechsel in einer Kirche ohne Denkmalwert ihren Dienst – findet die Meyer-Orgel aufgrund der ihr beigemessenen hohe Bedeutung nun den Weg in die Denkmalliste der Stadt Paderborn.

Für die Fachöffentlichkeit – aus deren Kreisen der Hinweis auf das Instrument einging – sind Informationen zum musikalischen Konzept des Instrumentes von großem Interesse. Die Disposition, die Auskunft über den klanglichen Aufbau gibt, kann daher unter folgendem Link heruntergeladen werden:

Autor

Dr.-Ing. Christian Steinmeier
Praktische Denkmalpflege

christian.steinmeier@lwl.org

Tel: 0251 591-4068

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