Herausforderungen für die Restaurierung
Die seit 1985 denkmalgeschützte Schlosskapelle mit ihrer ortsprägenden, beeindruckenden Doppelturmfassade stellt ein wichtiges Element der Schlossanlage Raesfeld dar. Die Gestaltung ihrer Außenfassaden zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Materialvielfalt aus, die wiederum eine Herausforderung für konservatorische und restauratorische Maßnahmen darstellt. Die jüngste Restaurierungsmaßnahme, die von 2020 bis 2022 zunächst am Chor, an den Seitenansichten und zuletzt an der Doppelturmfassade erfolgte, hat sich dieser Herausforderung gestellt und durch ihre vorbildliche restauratorische und handwerkliche Qualität ausgezeichnet. Ermöglicht wurde die umfassende Restaurierung durch die katholische Kirchengemeinde St. Martin in Raesfeld als Bauherrin, unterstützt vom Bischöflichen Generalvikariat Münster.
Vielfältige Materialien mit vielfältigen Schäden
Nach einer umfassenden Zustandserfassung zeigte sich, dass neben einer Verschmutzung sowie dicklagigem, biogenen Bewuchs auf allen Materialien einige Steinelemente gelockert, von Rissen durchzogen oder bis in tiefer reichende Zonen desolat waren. Abgängige Altantragungen, weit zurückgewitterte, morbide Backsteinbereiche, sowie ein großflächig geschädigtes Fugennetz erweiterten den Schadenskatalog. Aufputzflächen hatten sich stellenweise gelöst. Instabile Zonen an den seitlichen Strebepfeilern gefährdeten zudem die Statik, rostende Eisenelemente führten zu Radialsprengungen. Eine besondere Problematik ergab sich im Bereich der Natursteinquader der Doppelbögen, denn ihre Oberfläche erwies sich als zwischenzeitlich bis zu 3 cm Tiefe abgearbeitet. Die anschließend neu mit einem Kalkzementputz angetragene Oberfläche, die zusätzlich mit einer Art Dispersionsanstrich überzogen war, hatte sich großflächig gelöst.
Für alles ein Konzept
Die vielschichtigen Schäden zu beheben und trotzdem den gealterten Charakter der Fassade zu erhalten, erwies sich als Balanceakt, der eine sehr differenzierte Vorgehensweise bei der Restaurierung erforderte. Musterachsen dienten dabei als wichtiges Mittel zur Entscheidungsfindung. Zur Fugen- und Putzergänzung erschien hydraulischer Kalkmörtel mit entsprechenden Zusätzen und farbigen Sanden zur optischen Angleichung als geeignet. Backsteine, die in ihrer Farbigkeit, Struktur und physikalischen Eigenschaften dem Altbestand nahezu entsprechen, konnten als Ersatzmaterial ausfindig gemacht werden. Natursteinbereiche wurden konservatorisch behandelt, Metallelemente entfernt oder entsprechend mit Rostschutzmitteln konserviert. Notwendiger Steinaustausch erfolgte ausschließlich mit Baumberger Kalksandstein, die statische Sicherheit der Strebebögen konnte durch Backsteinaustausch, Neuverfugung und Abdeckungen wiederhergestellt werden.
Eine Mörtelneuergänzung der abgängigen profilierten Altantragungen an den Fassadenbögen erfolgte nicht. Hier erschien die Anbringung bildhauerischer Sandsteinkopien besser geeignet. Eine umfangreiche Kartierung aller Maßnahmen liegt vor.
Das originale Portalgewände wurde aufgrund seiner besonders geschützten Lage noch nicht in die Maßnahme der Fassadenrestaurierung eingebunden. Hier erfolgte bislang nur eine erste Notsicherung in Form von Randanböschungen. Erste Untersuchungen im Zusammenhang mit der Holztür weisen jedoch bereits jetzt auf eine besondere Konstruktion und Ausarbeitung der Gewändesteine hin; Erkenntnisse, die es im Rahmen einer noch anstehenden Restaurierung weiter zu vertiefen gilt.