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Ansicht Siegens von Nordwesten aus der Topographia Hassiae von Matthäus Merian, 1646

Der mittelalterliche und neuzeitliche Grundriss der Stadt Siegen

Denkmal des Monats
Mai 2024

Eine Stadt entsteht

In diesem Jahr feiert Siegen sein 800-jähriges Bestehen. Die Stadt nimmt dabei Bezug auf die Teilungsurkunde von 1224 zwischen dem Grafen von Nassau und dem Kölner Erzbischof. Siegen wird dort als neuerbaute Stadt bezeichnet.
Während die Besiedlung des Stadtgebietes bereits seit dem Frühmittelalter belegt ist, kann man davon ausgehen, dass die Neugründung auf dem Siegberg, auf welche sich die Urkunde bezieht, zwischen 1170 und 1220 erfolgt ist. Es ist anzunehmen, dass die Nassauer Grafen mehr oder weniger planmäßig vorgingen und die Stadt im Schutz der wohl ebenfalls um 1200 entstandenen Burg, aus der sich das Obere Schloss entwickelt hat, errichteten.

Der Stadtgrundriss als Thema der städtebaulichen Denkmalpflege

Die Grundrissstruktur historischer Siedlungskerne ist sehr beständig. Daher ist anzunehmen, dass - unter Berücksichtigung etwa von Zerstörungsereignissen - auch jene der Siegener Oberstadt großteils auf die Gründungsphase zurückgeht.
Während die Bebauung über die Jahrhunderte zahlreichen Veränderungen unterliegt, sind die Verläufe von Wegen und Straßen, Freiflächen, Parzellierung und Standorte städtebaulicher Dominanten zumeist dauerhafter.
Damit ist der überlieferte Stadtgrundriss auch Gegenstand der städtebaulichen Denkmalpflege, deren Anliegen vor allem die Bewahrung und behutsame Entwicklung historischer Siedlungsareale sowie die Betrachtung des Denkmals im Raum ist.

Die Entwicklung des Siegener Stadtgrundrisses im Mittelalter

Die heutige Struktur und Gliederung der Oberstadt decken sich in ihren Grundzügen weitgehend mit den ältesten Kartendarstellungen.
Der Verlauf der in Teilen noch erhaltenen Stadtmauer bestimmt, zusammen mit den topographischen Vorgaben, die Ausdehnung des Stadtgebiets. Als wichtigste Verkehrswege dienen nach wie vor die Kölner, die Löhr- und die Marburger Straße, welche einstmals von den drei Stadttoren zum Marktplatz führten. Die erste Nennung von Straßen und Quartieren, die auch heute noch identifiziert werden können, erfolgte 1404. Dazu gehört etwa das noch ablesbare Quartier „Zum halben Mond“ mit entsprechender Form. Das als „Altstadt“ bezeichnete und von Kriegszerstörungen weitgehend verschonte Gebiet im Südosten der Oberstadt vermittelt noch heute einen Eindruck von der kleinteiligen und von engen Gassen geprägten Struktur des alten Siegens.

Städtebauliche Konstanten, die den Grundriss und das Stadtbild maßgeblich bestimmen, sind das Obere und Untere Schloss, das Rathaus sowie die Martini-, Nikolai- und Marienkirche. Im 16. und 17. Jahrhundert erfuhr die Stadtstruktur durch Brände und die Ausweitung der Befestigungsanlagen sowie den Bau des Unteren Schlosses und der Marienkirche um 1700 größere Veränderungen.

Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg

Eine große Zäsur bedeutete der Luftangriff von 1944, bei dem etwa 80% des Stadtgebiets zerstört wurden. Man entschied sich für einen Wiederaufbau, der den überlieferten Stadtgrundriss unter Verzicht auf bauliche Rekonstruktionen weitgehend wiederaufnahm. Lediglich die teilzerstörten Kirchen und das Rathaus baute man nach historischem Vorbild wieder auf. Die Zahl unmaßstäblicher späterer Eingriffe hielt sich in Grenzen.
Das heute bisweilen kritisch bewertete Erscheinungsbild der wiederaufgebauten Oberstadt wird in Gegensatz zur als „schön“ wahrgenommenen „Altstadt“ gestellt, die von Fachwerkarchitektur geprägt ist, während sonst überwiegend schlichte und unauffällige Neubebauung vorherrscht. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich die Tatsache, dass die Struktur des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Siegens in ihren Grundzügen auf dem Großteil des Siegbergs fortdauert.

Autor

Nico Vincent Völkel
Städtebauliche Denkmalpflege

nico.voelkel@lwl.org

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