Die alte Synagoge in Telgte
Denkmal des Monats
August 2023
Vielschichtiges im Verborgenen
Die 12 Kilometer östlich von Münster gelegene Kleinstadt Telgte ist vor allem als Pilgerort bekannt – die Marienwallfahrt ist hier seit 1455 belegt. Wenig später wurde im Zentrum der Stadt ein Gebäude errichtet, das im Lauf der Jahrhunderte wechselnden Nutzungen diente und jüngst vor dem schleichenden Verfall bewahrt werden konnte.
Blick auf die nordwestliche Fassade nach der Restaurierung (2023)
Vom Speicher zur Synagoge
Neben dem regional bedeutenden Marienheiligtum siedelten sich schon im 16. Jahrhundert Juden an. Als sie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen Raum für den Gottesdienst suchten, fiel die Wahl auf den kleinen Speicher. Ausschlaggebend waren zum einen die Besitzverhältnisse, denn die ihn umgebenden Häuser waren in jüdischem Besitz. Auch die versteckte Lage sprach für eine Umnutzung des Speichers, denn der Gottesdienst durfte zu dieser Zeit nur im Verborgenen stattfinden. Die notwendigen baulichen Veränderungen nahm man mit einfachsten Mitteln vor: Das Gebäude wurde in der bestehenden Konstruktionsform um etwa drei Meter verlängert und verfügte nun über eine Grundfläche von ca. 38 m²; die Zwischendecke wurde entfernt, der neu geschaffene Gebetsraum erhielt ein flaches hölzernes Tonnengewölbe und eine Frauenempore mit separatem Eingang. Der Toraschrein fand in einer nach außen gestülpten Nische Platz, das Lesepult (Bima) im Zentrum des durch vier große Fenster belichteten und mit einer einheitlichen Farbfassung versehen Raumes. Heute ist dieser in seinen wesentlichen Bestandteilen überlieferte Bau die älteste im Inneren noch räumlich erfahrbare Synagoge Westfalens.
Wiederentdeckung, Konservierung und Restaurierung
Als sich Anfang der 1980er-Jahre Schüler der örtlichen Realschule mit der Geschichte der jüdischen Bevölkerung Telgtes zwischen 1933 und 1945 befassten, rückte auch die ehemalige Synagoge ins Blickfeld der Öffentlichkeit. 1992 wurde sie in die städtische Denkmalliste aufgenommen. Es sollten jedoch noch drei Jahrzehnte ins Land gehen, bis mit der Instandsetzung des mittlerweile in vielen Bereichen gefährdeten Gebäudes begonnen wurde.
Als sich Anfang der 1980er-Jahre Schüler der örtlichen Realschule mit der Geschichte der jüdischen Bevölkerung Telgtes zwischen 1933 und 1945 befassten, rückte auch die ehemalige Synagoge ins Blickfeld der Öffentlichkeit. 1992 wurde sie in die städtische Denkmalliste aufgenommen. Es sollten jedoch noch drei Jahrzehnte ins Land gehen, bis mit der Instandsetzung des mittlerweile in vielen Bereichen gefährdeten Gebäudes begonnen wurde. Mit Unterstützung des Bundes, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des Kreises Warendorf, der Stadt Telgte und des LWL hat die engagierte Eigentümerin in den Jahren 2022 und 2023 behutsame Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten mit hohem denkmalpflegerischen Anspruch durchführen lassen. Hierbei wurden die verschiedenen Bauphasen respektiert, sodass die Veränderungsgeschichte des Gebäudes vom Speicher bis zum Abstellraum substantiell ablesbar bleibt. Gleichwohl konnte die Zeitschicht „Synagoge“ anschaulicher gemacht werden.
Das noch immer verborgen auf einem Innenhof stehende Gebäude soll der Öffentlichkeit zukünftig anlassbezogen zugänglich gemacht und in seiner Vielschichtigkeit vermittelt werden.
Innenraum mit Zwischendecke und Farbfassung mit Ansatz des ehem. Tonnengewölbes an der nordwestlichen Wand vor der Restaurierung (2019).