Müßiggang und Bürgerstolz – die Gartenlaube der Brennerei Schroeder in Verl
Denkmal des Monats
Februar 2023
Anschauliches Beispiel für Alltagskultur
Der 1677 als „Kötterstelle Verl Nr. 2“ erstmals erwähnte Hof am Kirchring ist eines der ältesten Gebäude der Stadt Verl. Ab dem 19. Jahrhundert wurde die Hofstelle mit Speicher und kleiner Brennerei für eine großbürgerliche Wohnnutzung repräsentativ umgebaut. Zu den Umgestaltungen zählt auch der Bau eines kleinen Gartenpavillons, anhand dessen man sich die damaligen Lebensverhältnisse der Familie Schroeder besonders gut vorstellen kann.
Als anschauliches Beispiel für die Alltagskultur zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen die Gartenlaube der Brennerei Schroeder zum Denkmal des Monats Februar gewählt.
Die Gartenlaube der Brennerei Schroeder – Lebensqualität und Repräsentation
Der wirtschaftliche Erfolg und die Heirat mit einer Bielefelder Kaufmannstochter waren wohl der Anlass für eine großbürgerliche Ausgestaltung des Anwesens, die bis heute prägend ist. Im Rahmen dieses Umbaus entstanden Räumlichkeiten, die dem komfortablen Wohnen sowie der Erholung dienten, denn Muße und Freizeit spielten im Familienalltag ab Ende des 19. Jahrhunderts eine zunehmend größere Rolle. Bemerkenswert ist der Bau einer offenen Laube im hinteren Gartenbereich, die durch Pfosten mit kapitellartigen Kopfbändern, beschnitzten Pfettenköpfen und aufwändig gearbeiteten Knaggen ungewöhnlich reich ausgestaltet ist. Das kleine Gebäude diente dem bequemen und witterungsgeschützten Aufenthalt im Freien, sowie dem Genuss, der mit Blick in den eigenen Garten verbunden war.
In den Städten des 19. Jahrhunderts war die Errichtung von Lauben im eigenen Garten in vermögenden Schichten in Mode gekommen. Die erfolgreiche Unternehmerfamilie Schroeder orientierte sich an diesem urbanen Zeitgeschmack, der im ländlichen Verl wenig verbreitet gewesen sein dürfte. Die Möglichkeit einen Ort zu schaffen, der einzig der Muße und Erholung dient, stellte einen Luxus dar, den sich nicht jeder leisten konnte. Der Bau der Gartenlaube in Verl war daher auch eine Aussage über den eigenen Wohlstand.
Historische Ansicht der Gartenlaube. Foto aus: Ulrich Neißkenwirth genannt Schroeder "Die Schroeders vom Kirchplatz – Geschichte einer Familie aus Verl"
Brennerei Schroeder – Denkmalschutz
Das Anwesen der Familie Schroeder befindet sich nach wie vor im Familienbesitz und wird mittlerweile in fünfter und sechster Generation bewohnt und erhalten. Wohnhaus und Brennerei sind seit 1981 in die Denkmalliste der Stadt Verl eingetragen. Als wesentlicher Bestandteil der Gesamtanlage wurde 2021 die Gartenlaube – zunächst durch vorläufige Eintragung – in den Denkmalumfang mit aufgenommen. Um das gründerzeitliche Kleinod für zukünftige Generationen zu erhalten, wurden im letzten Jahr einige behutsame Instandsetzungen vorgenommen.