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Behutsame Aneignung eines Klostergebäudes: Die syrisch-orthodoxe Kirche in Deutschland im ehemaligen Neuen Dominikanerkloster zu Warburg

Denkmal des Monats Dezember 2019

Die Stadt Warburg blickt auf eine reiche Tradition klösterlicher Einrichtungen zurück, und im Stadtgebiet gibt es eine Vielzahl baulicher Zeugnisse dieser Geschichte: Das ehemalige Zisterzienserkloster Hardehausen (gegründet 1140) und das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Wormeln (gegründet 1246) – beide heute in der barocken Gestalt des 18. Jahrhunderts – ferner das 1281 gegründete Dominikanerkloster „zwischen den Städten“ (1824 aufgehoben und in den 1950er-Jahren als Gymnasium Marianum durchgreifend umgebaut) sowie das sogenannte Neue Dominikanerkloster am Nordrand der Neustadt.

Das ehemalige Neue Dominikanerkloster zu Warburg, Ansicht der Hofseite

Das ehemalige Neue Dominikanerkloster zu Warburg, Ansicht der Hofseite

Leerstand nur von kurzer Dauer

Bei dieser 1892 durch den Dominikanerorden gegründeten Niederlassung handelt es sich um eine der seltenen Klosterneugründungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Man ließ 1905–1908 durch den Düsseldorfer Architekten Caspar Clemens Pickel die Kirche Mariä Himmelfahrt und in den 1920er-Jahren das Klostergebäude errichten. Kurz nach dem Mauerfall zog es die Dominika­ner nach Leipzig, um in den neuen Bundesländern seelsorgerisch zu wirken.

Doch war der Leerstand des Baudenkmals nur von kurzer Dauer: 1996 kaufte die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien in Deutschland (SOKAD) die nun St. Jakob von Sarug geweihte Kirche und das Kloster als Bischofssitz ihres Erzbistums Deutschland. Diese christliche Glaubensgemeinschaft der Aramäer stammt aus Mesopotamien und siedelte sich besonders nach den Verfolgungen im osmanischen Reich seit Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland an. Die Kirche mit etwa 100.000 Mitgliedern in Deutschland finanziert sich ausschließlich über Spenden, zum Beispiel von aramäischen Geschäftsleuten, die Mitglieder der Gemeinde sind.

Baumaßnahmen

Nach dem finanziellen Kraftakt des Erwerbs hat man am Kloster in Warburg erste Ausbau- und Gestaltungsmaßnahmen vorgenommen. Erst mit der Amtseinführung des jungen Erzbischofs Mor Philoxenus Mattias Nayis im Dezember 2012 setzte dann ein Prozess ein, den man als behutsame, doch zielstrebige Aneignung der Baulichkeiten charakterisieren kann. Erzbischof Mattias scharte ein Team junger, engagierter Gemeindemitglieder um sich, die seitdem die ungeheuer vielfältigen Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden initiieren und realisieren.

Die große Bereitschaft von Fördermittelgebern wie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, dem Land NRW, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie – im ökumenischem Geiste – der Evangelischen Landeskirche und des Erzbistums Paderborn, die Gemeinde bei ihren Bestrebungen zu unterstützen, machte eine Fülle teils notwendiger, teils symbolkräftiger Baumaßnahmen möglich.

Da waren zunächst die Restaurierungen der beschädigten Bleiglasfenster im Kreuzgang und der Kreuzigungsgruppe am Eingang, da war der Kraftakt der Neueindeckung des Kirchendaches – natürlich denkmalgerecht mit Sauerländer Schiefer. Parallel hierzu, da das Gerüst ja einmal stand, wurde das Fenstermaßwerk auf der Westseite der Kirche restauriert: Der Tuffstein zeigte Risse, die sich rasant vergrößerten. Die rund 100 Meter lange Mauer um das Klostergelände am Prozessionsweg musste teils neu aufgeführt werden – all dies wurde koordiniert von den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern des Erzbischofs.

Leben kehrt zurück

Seit 2012 kehrt reges Leben in das Kloster zurück: Dauerhaft wohnen hier Erzbischof Mattias, zwei Mönche und eine Nonne, sieben Studenten des Priesterseminars, dazu kommen in ihren Schulferien bis zu 240 Messdienerschülerinnen und -schüler.

Auch in den kommenden Jahren steht die Gemeinde vor großen Aufgaben: Die Nebendächer der Kirche müssen neu eingedeckt werden, die Eingangslaube des Klosterportals benötigt eine statische Sicherung, das bedeutende Kruzifix des 14. Jahrhunderts bedarf der restauratorischen Begutachtung und vieles mehr.

 

Geistlicher und kultureller Mittelpunkt

Die Anteilnahme der Warburger Bevölkerung ist enorm: Bei Familienfesten oder dem Tag des offenen Denkmals zeigt sich, dass das Kloster mit seinen Baudenkmälern und dem ersten, zu besonderen Anlässen zugänglichen Museum der syrisch-orthodoxen Kirche weltweit, ein geistlicher und kultureller Mittelpunkt für Warburg und weit darüber hinaus ist. Somit wird der dem Erzbischof bei seiner Bischofsweihe verliehene Namen mit Leben erfüllt: Philoxenus – „der Gastfreundliche“ oder „Freund der Fremden“.

Die Eingangslaube des Klosterportals

Autor

Christoph Heuter
Praktische Denkmalpflege

christoph.heuter@lwl.org

Tel: 0251 591-5516

Porträt