Der geschnitzte Deelentorbogen vom Hof Heining in Werther, Kreis Gütersloh
Denkmal des Monats September 2018
Inmitten des landwirtschaftlich geprägten Ortsteils Isingdorf und eingebettet zwischen weiteren Hofanlagen liegt der Heiningshof, dessen Gründung auf das Jahr 1763 zurückgeht. Von der ursprünglichen Anlage mit dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden sind nicht mehr alle Bauten vorhanden. Die letzte große Umbauphase des Hofhauses – ein Zweiständerfachwerkbau – wurde 1818/1819 vorgenommen. Aus dieser Zeit stammt der aufwendig gestaltete Südgiebel mit einem mit reichen Schnitzereien verzierten Deelentorbogen.
Beschreibung
Die Ständer zeigen Weinranken, die aus vasenähnlichen Gefäßen emporwachsen. Zwischen den Trauben sitzen Vögel mit mehrfarbigem, teils charakteristischem Gefieder. In den Kopfbändern schweben musizierende Engel. Über dem Tor befinden sich fünf verzierte Knaggen und Füllungsfelder, die mit einer Inschrift versehen sind. An der mittigen Knagge ist ein Kopf dargestellt, der einen Tschako trägt. Tschakos waren vorwiegend Kopfbedeckungen von militärischen Uniformen. Dieser spezielle Typ hat diagonal und mittig zusammenlaufende Bänder und kam um 1815 in Mode. Eine Zuordnung zu einem bestimmten Heer ist nicht möglich, da der Rest der Uniform nicht dargestellt ist. Die Inschrift erwähnt eine Landwehr – in welcher Form der Hofherr dort involviert war, ist jedoch nicht eindeutig nachvollziehbar. Das Motiv mit Weinranken und Vögeln an Deelentorbögen war Anfang des 19. Jahrhunderts beliebt. Es findet sich zum Beispiel ebenfalls an einem Hofhaus von 1817 in Hiddenhausen. Auch dort gibt es an der mittigen Knagge einen Kopf mit Tschako, der sich einem Husaren zuordnen lässt.
Originale Farbbefunde
In den letzten Jahrzehnten wurden durch die Eigentümer beständig Maßnahmen am Hofhaus, überwiegend zur Bestandserhaltung, durchgeführt. Das 200-jährige Hofjubiläum und die Veranstaltung „Wege durch das Land. Literatur- und Musikfest in Ostwestfalen-Lippe 2018“ gaben Anlass für eine erneute Maßnahme am Portal, bei der die LWL-Denkmalpflege mit einbezogen wurden.
Da sich die Balken im Außenbereich befinden, sind sie der Witterung ausgesetzt. Vor allem Niederschläge und Sonneneinstrahlung hatten zu erheblichen Schäden sowohl an der Farbe als auch am Holz geführt. Zunächst sollten nur der Torbogen und die beiden Kopfbänder mit den Engeln bearbeitet werden. Das Konzept sah vor, die Holzsubstanz zu stabilisieren, lose Farbschichten abzutragen und das Portal, wenn möglich nach originalen Farbbefunden, neu zu fassen. Zur Ermittlung der ältesten Farbigkeit wurde im Vorfeld eine Befunduntersuchung durchgeführt.
Bei der Untersuchung zeigte sich, dass sich nicht überall gleich viele Farbschichten erhalten hatten. An einigen Proben ließen sich bis zu zwanzig Anstriche nachweisen.
Allen Proben gemein ist eine hellblaugraue Schicht, bei der es sich um die sechste Schicht (von oben gezählt) handelt. Sie stellt eine Art Orientierungsbezug dar. Danach folgen fünf jüngere Anstriche, welche innerhalb eines Bereichs annähernd die gleiche Farbgebung aufweisen. Dies bestätigt die Aussage des Eigentümers, dass bei den letzten Anstrichen jeweils das vorhergehende Farbkonzept aufgegriffen wurde.
Für die älteren Schichten unterhalb der hellblaugrauen kann dagegen keine eindeutige Schichtenanzahl nachgewiesen werden. Zudem variiert dort die Farbgebung der einzelnen Bereiche. Aber auch hier gibt es Schichten, die als Orientierung herangezogen werden können. So liegen mindestens ein bis zwei hell- oder dunkelgraue Schichten vor, auf die meistens eine farbige folgt. Es ist anzunehmen, dass zunächst die gesamte Fläche grau gestrichen und dann in den Details farbig abgesetzt wurde.
Ein überraschendes Ergebnis lieferte die Farbuntersuchung der Trauben. Die heute weithin verbreitete plakative Darstellung in Blau konnte in den älteren Schichten nicht nachgewiesen werden. Die Trauben hatten ursprünglich eine bordeauxrote bis violette Färbung. Als weitere Erkenntnis ist die Verwendung von Blattmetallen zu nennen. So waren die am inneren Bogen umlaufende Kordel sowie die Flügel und Haare der Engel vergoldet. Damit werteten die eingesetzten Farben und Materialien die qualitätvolle Schnitzerei noch zusätzlich auf.
Endzustand, Detail des Torbogens. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme war die Kordel am inneren Bogen noch nicht golden gefasst. Foto: Dipl.-Rest. Gisela Tilly 2018.
Neufassung des Torbogens
Die gewonnenen Ergebnisse konnten zur Neufassung des Torbogens herangezogen werden. Die älteste nachweisbare Fassung bildete dafür die farbliche Grundlage. Bei der Umsetzung kamen Farben auf Leinölbasis zum Einsatz. Die ausführenden Diplom-Restauratorinnen achteten darauf, dass die einzelnen Details nicht einfarbig „totgestrichen“, sondern durch leichte Lasuren künstlerisch abgesetzt wurden. In Kürze werden die letzten Details, wie die Vergoldung der Kordel, vollendet. Anschließend sollen die Untersuchung und die Bearbeitung der noch ausstehenden Partien am Giebel erfolgen.
Der Hof Heining zeichnet sich damit nicht nur durch die Qualität der Deelentorbogenschnitzereien aus, sondern vor allem auch durch die aufmerksame, regelmäßige Pflege des Baudenkmals. Dieses Engagement ebenso wie die intensive Erforschung der Hausgeschichte durch die Eigentümer zeugen von ihrem besonderen Traditionsbewusstsein und der großen Wertschätzung ihres Zuhauses.