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Bildwelten – Weltbilder

Romanische Wandmalerei in Westfalen

In vielen Kirchen Westfalens sind figürliche Wandmalereien der späten Romanik von 1160 bis 1270 erhalten. Im Rahmen des groß angelegten Forschungsprojekts wurden 13 der wichtigsten Beispiele kunst- und restaurierungswissenschaftlich erfasst, kartiert und erforscht. Dabei wurden auch Grundlagen für die Erhaltung geschaffen und Konservierungsmaßnahmen sowie Schadensmonitorings angestoßen. Durch das Projekt konnte dieses Highlight mittelalterlicher Kunst in Westfalen endlich als herausragende künstlerische Leistung gewürdigt und der Öffentlichkeit präsentiert werden.


Laufzeit: 2012–2016
Projektleitung: Dr. Dirk Strohmann
Gefördert durch: LWL-Kulturstiftung

Bedeutende Zeugnisse unzureichend erforscht

In vielen Kirchen Westfalens sind Wandmalereien der späten Romanik von 1160 bis 1270 erhalten. Sie zeigen figürliche Szenen, die oft zusammen mit den die Architektur ergänzenden Dekorationsmalereien (Raumfassung) die Kirchenräume prägen. In dieser Überlieferungsdichte ist dies kaum in einer anderen Region Deutschlands zu finden. Dennoch war die romanische Wandmalerei als herausragendes westfälisches Kulturgut nie systematisch wissenschaftlich erforscht worden. Als ortsfestes, an die Architekturoberfläche gebundenes Medium unterliegen Wandmalereien vielfältigen zerstörerischen Einflüssen, die immer wieder Restaurierungen erfordern. Zu deren Vorbereitung und objektgerechter Steuerung fehlte eine detaillierte wissenschaftliche Faktenbasis, sowohl in kunsthistorischer als auch restauratorischer Hinsicht.

Exemplarische Erfassung und Untersuchung

Um dies zu ändern, hat die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen ein Forschungsprojekt durchgeführt, bei dem figürliche Wandmalereien in dreizehn Kirchen vom Gerüst aus erfasst, kartiert und untersucht worden sind. Die exemplarische Beschränkung ermöglichte eine besonders gründliche Bestandserfassung vom Gerüst aus und eine intensive wissenschaftliche Bearbeitung. Beides übernahm ein interdisziplinäres Team von Spezialistinnen, bestehend aus der Diplom-Wandmalereirestauratorin Katharina Heiling und der Kunsthistorikerin Dr. Anna Skriver. Wo Inschriften vorhanden sind, wurden sie durch die Epigraphikerin Dr. Helga Giersiepen unterstützt. Eng gestaltete sich die Kommunikation mit Wandmalerei-Experten der Denkmalämter und Universitäten aus dem deutschsprachigen Raum und Italien. Diese waren bei Kolloquien zu Beginn des Projekts und gegen Abschluss an der Diskussion der Konzeption und später dann der Ergebnisse beteiligt und gaben willkommene Anregungen. Die interdisziplinäre Anlage des Projekts erfuhr dabei besondere Zustimmung.

Folgende figürliche Wandmalereien in Westfalen wurden betrachtet:

  • Bad Sassendorf-Lohne, ev. Pfarrkirche, um 1270
  • Bad Sassendorf-Weslarn, ev. Pfarrkirche,1170/80 und 1250
  • Balve, kath. Pfarrkirche St. Blasius, um 1250
  • Bochum-Stiepel, ev. Pfarrkirche, 1180/90
  • Dortmund-Brechten, ev. Pfarrkirche, 3. V. 13. Jh.
  • Dortmund-Wellinghofen, ev. Pfarrkirche, um 1250
  • Lippstadt, ev. Marienkirche, um 1250/60
  • Lügde, kath. Kirche St. Kilian, um 1220/30
  • Paderborn-Neuenbeken, kath. Pfarrkirche Mariä Geburt, um 1210
  • Schmallenberg-Berghausen, kath. Pfarrkirche St. Cyriakus, um 1210
  • Schmallenberg-Wormbach, kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul, 1180/90 und um 1250
  • Soest, kath. Nikolaikapelle, um 1250
  • Soest-Ostönnen, ev. Pfarrkirche, 1170/80 und 1260

Entwicklungen in der Maltechnik und im Stil

Das Forschungsprojekt konnte viele Erkenntnisse zu den historischen Voraussetzungen, den baugeschichtlichen Entwicklungen, zu Restaurierungsgeschichte, Herstellungstechnik und Inhalten beitragen und in einen größeren Rahmen einbetten. Im Ergebnis der intensiven, mehrjährigen Forschungen lassen sich heute bedeutende Ausmalungen von Kirchen vergleichen, die in der von Neuerungen geprägten spätromanischen Zeit bis zum Beginn der Gotik entstanden sind. An den Malereien lassen sich Gemeinsamkeiten und Entwicklungen in der Maltechnik und im Stil und gleichzeitig Tendenzen zur Spezialisierung der Maler und ein wachsender Bezug der dargestellten Figuren zum Betrachter ablesen.
Das Projekt hat außerdem die Grundlage dafür geschaffen, die Wandmalereien auch für zukünftige Generationen zu erhalten. So wurden einige dringend notwendige Konservierungsmaßnahmen angestoßen und begleitet. Weiterhin wurden bei allen Wandmalereien Referenzflächen bestimmt, fotografiert und restauratorisch untersucht. Diese Flächen werden im Rahmen eines Monitorings in bestimmten Zeitabständen unter gleichen technischen Bedingungen erneut erfasst und dokumentiert. Schadensprozesse können so bereits im Entstehen erkannt und präventiv behoben werden.

Publikationen

Dirk Strohmann, Lügde, St. Kilian: Pilotobjekt zur Erfassung und Erforschung romanischer Wandmalerei, in: Denkmalpflege in Westfalen-Lippe 2011, Heft 2, S. 87-88.

Leonhard Lamprecht, Paderborn-Neuenbeken, Figürliche romanische Wandmalereien restauriert, in: Denkmalpflege in Westfalen-Lippe 2011, Heft 2, S. 88-90.

Dirk Strohmann, Forschungsprojekt zur romanischen Wandmalerei, in: Die Denkmalpflege, 71. Jg., Heft 2, 2013, S. 178-179.

Dirk Strohmann, Forschungsprojekt Bildwelten – Weltbilder. Figürliche Wandmalerei der Romanik in Westfalen, in: Alte und neue Kunst 48, 2014, S. 50-53.

Leonhard Lamprecht und Dirk Strohmann: Zur Restaurierung des Kirchenraums von St. Cyriakus in Schmallenberg-Berghausen, in: Alte und neue Kunst 49, 2016, S. 37-44.

Leonhard Lamprecht, Lügde (Kreis Lippe), Die Kirche St. Kilian, in: Westfalen 94, 2016, S. 456-459.

Leonhard Lamprecht, Schmallenberg-Berghausen (Hochsauerlandkreis), Die Untersuchungen und Restaurierungsarbeiten an den Wand- und Gewölbemalereien in der katholischen Pfarrkirche St. Cyriakus, in: Westfalen 94, 2016, S. 493-496.

Anna Skriver und Dirk Strohmann, Ergebnisse des Forschungsprojektes „Bildwelten – Weltbilder. Romanische Wandmalerei in Westfalen“, in: das münster, 70. Jg., Heft 2/2017, S. 107-111.

Anna Skriver, Wann wird der Zöllner zum Juden? Der spätromanische Nikolauszyklus in Balve (Westfalen) im Wandel der Legende, in der ein Nikolausbildnis geschlagen wird. In: Zugänge zu Archäologie, Bauforschung und Kunstgeschichte - nicht nur in Westfalen. Festschrift für Uwe Lobbedey zum 80. Geburtstag, Regensburg 2017, S. 141-154.

Leonhard Lamprecht, Restaurierung romanischer Wand- und Gewölbemalereien (Soest-Ostönnen), in: Die Denkmalpflege 76, 2018, Heft 1, S. 78-79.

Dirk Strohmann, Forschungsprojekt: Romanische Wandmalereien in Westfalen. Ein Werkstattbericht. In: „Genius loci“. Dombaumeistertagung Paderborn 2018. Tagungsband hrsg. vom Metropolitankapitel Paderborn. Paderborn 2019, S. 98-103.

Dirk Strohmann, Bildwelten – Weltbilder. Die Vermittlungsformate des Forschungsprojektes zur romanischen Wandmalerei in Westfalen, in: Denkmalpflege und Kommunikation. 8. Westfälischer Tag für Denkmalpflege 3.–4. Mai 2018 in Witten. 19. Arbeitsheft der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen. Münster 2019, S. 43-47.

Dirk Strohmann, Projekte: Bildwelten – Weltbilder. Das Projekt zur romanischen Wandmalerei in Westfalen, in: Westfalen 99, 2021, S. 134-140.

Website

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Wissenschaftliche Publikation

ISBN 978-3-8053-5092-1, 69,95 €.

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Vor-Ort-Bericht mit Eindrücken und Ergebnissen.

Referatsleitung Restaurierung und Informationsdienste

Dr. Birte Graue

birte.graue@lwl.org

Tel: 0251 591-3571

Porträt