37 Jahre alt war Maria Anna Theodora von Westerholt zu Lembeck, als ihr Ehemann, der Graf von Westerholt zu Lembeck im Jahr 1702 starb. Die vier Töchter waren noch minderjährig, die jüngste gerade einmal fünf Jahre alt. Von Gut Hagenbeck bei Holsterhausen aus leitete die Gräfin die ihr hinterlassenen Güter. Dabei dachte sie auch an ihre Altersvorsorge: In der Bauernschaft Endeln im Lembeck ließ sie um 1727 einen kleinen aber dennoch repräsentativen Landsitz errichten.

Den Auftrag zum Bau der zugehörigen Kapelle erteilte die Gräfin an Johann Conrad Schlaun. Es ist wahrscheinlich, dass der Kontakt über ihren Schwiegersohn, Ferdinand von Plettenberg, zustande kam. Seit 1723 war Schlaun in dessen großes Bauprojekt, Schloss Nordkirchen, zunehmend eingebunden.

In Lembeck errichtete Schlaun einen verputzten Saal mit Apsis und Dachreiter. Die Westfassade aus Naturstein ist durch Lisenen zurückhaltend gegliedert. Das Portal mit dem Allianzwappen der von Westerholt und von Walbott erinnert an Sant’Agnese in Agone in Rom. Diese Kirche hatte Schlaun auf seiner Studienreise erst wenige Jahre zuvor selbst besichtigt. Über dem Portal befindet sich eine große Nische mit einer Steinfigur des heiligen Michael. Sie stammt von Johann Adolf Sasse, einem Bildhauer aus Coesfeld.

Den Innenraum der Kapelle gestaltete Schlaun mit einem gedrückten Tonnengewölbe aus verputzem Holz. Stuck umrahmt mehrere Deckengemälde mit Szenen aus der Apokalypse. Aus dem 18. Jahrhundert sind mehrere Holzfiguren erhalten, darunter der heilige Michael und die Unterweisung Mariens. Der Hochaltar entstand erst 1834 unter Verwendung barocker Teile.

Was zunächst als Witwensitz geplant war, sollte ab 1738 höheren Zielen dienen: Maria Anna Theodora von Westerholt zu Lembeck gründete eine Stiftung mit dem Zweck, kranke Familienangehörige, Witwen, ledige Töchter, unverschuldet verarmte Frauen und Waisenkinder aufzunehmen. Nach einer bewegten Geschichte als Kranken- und Waisenhaus, Seniorenheim, Kloster und Flüchtlingsunterkunft wandelte der Eigentümer, Graf von Merveldt, den Landsitz vor kurzem in ein Wohngebäude mit fünf Einheiten um.

Katharina Stockmann