Die Entwicklung der Denkmalpflege
Anfänge der Denkmalpflege in Westfalen
Denkmalpflege ist keine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Bereits in der Frühzeit der Kulturgeschichte haben Menschen nachweislich Denkmalpflege betrieben, indem sie bedeutende Geschichtszeugnisse erhalten und geschützt haben. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in einer Zeit beginnender politischer und gesellschaftlicher Umbrüche in Europa, entwickelte sich ein großes Interesse an Geschichte und Altertümern. Zunächst standen die Bauwerke des Mittelalters im Zentrum, sie sollten erhalten und auch weiter gestaltet werden. Im 19. Jahrhundert entfaltete sich die Fürsorge für die "vaterländischen Altertümer" weiter, gepaart mit einem neuen Nationalbewusstsein. Mit viel Aufwand wurden Kirchen, Burgen, Rathäuser und Stadtbefestigungen vor dem weiteren Verfall bewahrt, vielfach rekonstruierend und historisierend aufgebaut und sogar weitergebaut.
Die Institutionalisierung der Denkmalpflege in Westfalen
Im 19. Jahrhundert nahmen die Bemühungen zu, Denkmalschutz und Denkmalpflege zu institutionalisieren. Gegen Ende des Jahrhunderts bekamen die preußischen Provinzen des Deutschen Kaiserreichs diese Aufgabe zugewiesen, und Albert Ludorff wurde 1892 der erste Provinzialkonservator Westfalens.
Zunächst stand die Denkmalerfassung im Mittelpunkt: Ludorff trieb sie mit seinen Inventarbänden ungewöhnlich schnell voran, 37 Bände erschienen bis 1915. Ludorffs starke Ausrichtung auf die fotografische Erfassung hat einen bis heute herausragenden Bestand historischer Aufnahmen im Bildarchiv des LWL-Denkmalfachamts geschaffen. Seine Erfassung der Denkmäler trug zur Entwicklung bildgebender Methoden bei.
Ausweitung des Denkmalbegriffs
Richtete sich die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen anfänglich noch auf Kirchen, Klöster, Burgen und Schlösser, die man als bedeutende Bauleistungen bewertete, so wendete man sich zu Beginn der 20. Jahrhunderts im Rahmen der Heimatschutzbewegung auch alltäglicheren Objekten wie Bürger- und Bauernhäusern, Mühlen und Scheunen zu.
Den Höhepunkt dieser Entwicklung markiert das Europäische Denkmalschutzjahr 1975, mit dem die Themen Denkmalschutz und Denkmalpflege einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden. Zahlreiche Bürgerinitiativen setzten sich für den Erhalt von Arbeitersiedlungen und Gründerzeitvierteln sowie für Zeugnisse der Industrie- und Technikgeschichte ein. Der Denkmalbegriff schloss nun auch Siedlungen, Gärten, industrielle Objekte und historische Stadtquartiere mit ein.
Die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen
Unser heutiges Fachamt, die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen, besteht in seiner jetzigen Form seit April 2011. Damals konstituierte sich der neue Kulturdienst aus den zuvor eigenständigen Ämtern für Denkmalpflege sowie für Landschafts- und Baukultur. So wurden Kompetenzen gebündelt, die zuvor in Ämtern mit langer Tradition gepflegt wurden: Zum einen im ehemaligen LWL-Amt für Denkmalpflege in Westfalen, das sich seit 1888 mit Inventarisation, Restaurierung und praktischer Denkmalpflege beschäftigte und bereits ein herausragendes fotografisches Archiv vorhielt. Zum anderen im ehemaligen LWL-Amt für Landschafts- und Baukultur in Westfalen, das mit seinen Vorläufern Amt für Baupflege (seit 1939) und Amt für Landespflege (seit 1947) über viele Jahrzehnte das heutige Bild der Landschaft, der Orts- und Stadtbilder in Westfalen und Lippe aktiv mitgestaltet hat.
Aktuelle Herausforderungen für die Denkmalpflege
Die Aufgaben der Denkmalpflege unterliegen dem gleichen Wandel wie die sich ständig erweiternde Denkmallandschaft. So sind inzwischen die Bauten der 1960er- bis 1980er-Jahre als bauliches Erbe einer abgeschlossenen Epoche in das denkmalfachliche Blickfeld gerückt. Neue Stadtzentren, Wohnsiedlungen, Verwaltungsgebäude, Industrieanlagen, Kultur- und Bildungsbauten, Technik- und Verkehrsbauten gelten als Zeugnisse einer Zeit des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Auf- und Umbruchs.
In Zeiten des Klimawandels ist gerade der vorhandene Baubestand in den Blick zu nehmen. Hierbei erweisen sich Denkmäler nicht nur als identitätsstiftend, sondern zumeist als langlebig, nachnutzbar und reparierbar. Erprobte Kulturtechniken der Denkmalpflege können hier Ansätze einer notwendigen Umbaukultur unterstützen. Gemeinsam mit allen Beteiligten gilt es, für die denkmalwerten Bauten angemessene Lösungen des Erhalts und der Weiternutzung zu finden.
Zur ausführlichen Amtshistorie:
Sonderausgabe unserer Zeitschrift "Denkmalpflege in Westfalen-Lippe"
Zum 125-jährigen Jubiläum der Denkmalpflege in Westfalen-Lippe erschien 2017 in einer Sonderausgabe unserer Amtszeitschrift ein Aufsatz aus der Feder des Landeskonservators Dr. Holger Mertens.
Heft 2017/2 herunterladen (PDF, nicht barrierefrei)